Die häufigsten Rechtsirrtümer rund um das Thema Kündigung

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Ein Rechtsirrtum ist eine Fehlvorstellung über die rechtlichen Regelungen, die für eine bestimmte Situation gelten. Das kann erhebliche Auswirkungen haben und zu ernsthaften Konsequenzen führen. Wir klären hier 10 der häufigsten Rechtsirrtümer rund um das Thema Kündigung, damit genau das nicht passiert und sowohl Missverständnisse als auch rechtliche Probleme vermieden werden können. 

1 Keine Kündigung während einer Krankheit? 

Eine Kündigung wegen Krankheit bzw. während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit ist grundsätzlich möglich. Es kommt jedoch, wie immer, auf den Einzelfall an. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu an die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung hohe Anforderungen gestellt. Die Wirksamkeit einer auf krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützten ordentlichen Kündigung setzt zunächst eine negative Gesundheitsprognose voraus. Im Kündigungszeitpunkt müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen (erste Stufe). Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen (zweite Stufe). Ist dies der Fall, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen (dritte Stufe). 

2 Keine Kündigung ohne Abmahnung? 

Hier ist erst einmal zwischen der Art der Kündigung zu unterscheiden. Bei einer betriebsbedingten Kündigung gibt es grundsätzlich keine Abmahnung, bei der personen- (insbesondere krankheits-) bedingten Kündigung ebenfalls nicht. Anders sieht es bei der verhaltensbedingten Kündigung aus. Hier gilt, dass der Arbeitnehmer erst einmal schauen muss, ob es nicht ein milderes Mittel als die Kündigung gibt (Ultima-Ratio-Prinzip). Dies ist in der Regel der Fall, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten ändert und kein erheblicher Vertrauensverlust vorliegt. War das Fehlverhalten jedoch so schwerwiegend, dass das Vertrauensverhältnis unwiderruflich zerstört ist, kann auch ohne Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein. 

3 Vor einer Kündigung muss dreimal abgemahnt werden? 

Auch das ist nicht richtig. Wie soeben beschrieben, kann der Arbeitgeber unter Umständen auch ganz ohne Abmahnung kündigen. Hat er sich jedoch der Arbeitgeber für die mildere Maßnahme entschieden, kommt es wieder auf den Einzelfall an. Sinn und Zweck einer Abmahnung ist es, den Mitarbeitenden für ein bestimmtes Fehlverhalten zu verwarnen und gleichzeitig an ihn zu appellieren, sich künftig ordnungsgemäß zu verhalten. Darüber hinaus werden ihm für den Fall der Wiederholung ernsthafte, arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung angedroht. Das heißt: Wenn die Abmahnung diese Voraussetzungen erfüllt und ein weiteres Fehlverhalten folgt, kann der Arbeitgeber bereits nach der ersten Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. 

4 Keine Kündigung ohne Grund? 

Arbeitgeber benötigen einen Kündigungsgrund, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar ist. Dies ist z.B. dann nicht der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate gedauert hat oder auch in kleinen Betrieben, die nicht mehr als zehn Arbeitnehmende beschäftigen (§ 23 KSchG). Ausnahmen bestätigen die Regel: Genießt ein Mitarbeiter besonderen Kündigungsschutz, z.B. bei Schwangerschaft, besteht dieser auch in kleinen Betrieben. 

5 Keine Kündigung in der Probezeit? 

Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten (§ 1 Abs. 1 KSchG). In dieser Zeit kann der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich ohne Kündigungsgrund Grund mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen kündigen (§ 622 Abs. 3 BGB). Einen Kündigungsgrund braucht er in der Probezeit nicht. Allerdings muss sich auch eine Kündigung in der Probezeit an den üblichen Grenzen orientieren und man darf nicht sittenwidrig oder willkürlich handeln. Eine fristlose Kündigung ist dagegen auch in der Probezeit nur mit wichtigem Grund (§ 626 BGB) möglich. 

6 Keine Kündigung ohne Abfindung? 

Wenn Arbeitnehmende eine betriebliche Kündigung erhalten, können sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Einmalzahlung haben (§ 1a KSchG). Auch bei einem Aufhebungsvertrag kann Geld fließen. In diesem Fall vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Häufig einigen sich die Parteien dabei auf die Zahlung einer Abfindung. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht in § 113 BetrVG Abfindungen durch Urteil auch bei Kündigungen wegen Abweichens von einem Interessenausgleich oder einer Betriebsänderung ohne vorherigen Versuch eines Interessenausgleichs vor. Bei einer verhaltens- oder personenbedingten Kündigung ist grundsätzlich keine Abfindung vorgesehen.

Ausnahme: Einen Anspruch auf eine Abfindung kann der Arbeitnehmer haben, wenn er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung gegen diese Klage beim Arbeitsgericht erhoben hat und das Gericht festgestellt hat, dass die Kündigung nach dem KSchG sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitnehmers durch Urteil auflöst, da die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar bzw. eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist (§ 9 KSchG). Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Abfindung kann sich auch noch aus einem Tarifvertrag, einem zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten Sozialplan oder einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wie beispielsweise ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich, ergeben. 

7 Eine Kündigung kann auch mündlich erfolgen? 

„Sie sind gefeuert!“. Eine Kündigung ist schnell einmal ausgesprochen. Doch das reicht nicht, denn hier gilt § 623 BGB. Danach bedürfen die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, also in Papierform und versehen mit der Originalunterschrift des Kündigenden. Eine Kündigung per Fax, E-Mail, SMS, WhatsApp oder ähnlichem ist daher wäre dies aus diesem Grund unwirksam. Diese Voraussetzungen gelten übrigens sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer. 

8 Keine Kündigung bei besonderem Kündigungsschutz? 

Ein besonderer Kündigungsschutz besteht für Schwangere, Schwerbehinderte, Arbeitnehmervertreter, Auszubildende, Wehrdienstleistende und Mitarbeiter in Pflege- oder Elternzeit. Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes ist es, bestimmte Personengruppen, die als sozial besonders schutzwürdig angesehen werden, stärker vor dem Verlust des Arbeitsplatzes zu bewahren als andere Arbeitnehmer. Der Sonderkündigungsschutz bedeutet aber nicht, dass unter allen Umständen am Arbeitsverhältnis festgehalten werden muss. Auch hier kann unter den Voraussetzungen des § 626 BGB eine fristlose Kündigung rechtmäßig sein. Für Betriebsräte gilt hier § 103 BetrVG. 

9 Keine Kündigung ohne Zustimmung des Betriebsrats? 

Für eine wirksame Kündigung kommt es tatsächlich nicht auf die Zustimmung des Betriebsrats an. § 102 BetrVG schreibt lediglich vor, dass der Betriebsrat angehört werden muss. Das heißt: Eine Kündigung, die ohne eine solche Anhörung erfolgte, ist unwirksam. Der Betriebsrat hat zwar die Möglichkeit, der (ordentlichen) Kündigung zuzustimmen oder zu widersprechen, letztendlich entscheidet jedoch der Arbeitgeber. Doch: Stimmt der Betriebsrat der Kündigung nicht zu, sondern widerspricht ihr, kann das von Vorteil für die Rechtsposition des Arbeitnehmers sein. Denn in diesem Fall kann ein entsprechender betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch durch den Arbeitnehmer geltend gemacht werden. 

10 Mit der Kündigungsschutzklage kann ich noch warten? 

Besser nicht! Denn laut Gesetz muss man gegen eine Kündigung innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage bei Arbeitsgericht erheben (§ 4 KSchG). Nach Ablauf dieser Frist ist eine Kündigung nur in ganz besonderen Ausnahmefällen angreifbar. 

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13. August 2024

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